Einwandbehandlung im Call Center – Teil 1: Die Grundlagen
Einwände im Call Center sind keine Hürde, sondern deine Chance. Lerne die Grundlagen der Einwandbehandlung und verwandle jedes „Nein“ in ein mögliches „Ja“. 🚀
Einleitung: Warum dieses Thema so wichtig ist
Wenn du im Kundenservice oder Vertrieb im Call Center arbeitest, dann kennst du das sicher: Du rufst einen Kunden an oder er ruft dich an – und schon nach wenigen Sekunden kommt der erste Einwand. „Kein Interesse“, „zu teuer“, „habe ich schon“, „brauche ich nicht“.
Viele Einsteiger fühlen sich in solchen Momenten überfordert. Sie denken: „Der Kunde lehnt mich ab“, oder schlimmer noch: „Ich habe versagt.“
Doch die Wahrheit ist: Einwände gehören zum Geschäft. Ohne Einwände gibt es keine echten Verkaufsgespräche. Sie sind nicht das Ende, sondern der Anfang einer spannenden Reise – und genau hier setzt die Kunst der Einwandbehandlung an.
In diesem ersten Teil unserer Serie schauen wir uns die Grundlagen an. Wir gehen der Frage nach, warum Einwände nichts Negatives sind, welche psychologischen Hintergründe dabei eine Rolle spielen und wie du als Call Center Agent souverän darauf reagieren kannst.
Was ist eigentlich ein Einwand?
Ein Einwand ist nichts anderes als eine Äußerung des Kunden, die sein Zögern oder seine Zweifel ausdrückt. Das kann sachlich klingen („Der Tarif ist zu teuer“) oder emotional („Schon wieder so ein Anruf – ich habe keine Lust mehr“).
Ein Einwand bedeutet nicht, dass der Kunde grundsätzlich „Nein“ sagt. Es heißt nur: Er ist noch nicht überzeugt, hat offene Fragen oder fühlt sich gerade nicht wohl.
Unterschiede sind wichtig:
Einwand: Der Kunde hat echte Bedenken oder Fragen (z. B. Preis, Nutzen, Timing).
Vorwand: Der Kunde blockt nur ab, ohne echtes Interesse an einer Lösung (z. B. „Kein Interesse“, obwohl er sehr wohl einen passenden Bedarf hätte).
Diese Unterscheidung ist die erste Basis, die du im Kopf haben musst.
Warum Einwände nichts Schlechtes sind
Stell dir vor, du rufst einen Kunden wegen eines neuen Mobilfunk-Tarifs an. Du erklärst die Vorteile, und der Kunde sagt sofort: „Das ist mir zu teuer.“
Viele Einsteiger brechen hier innerlich ab. Doch genau hier liegt die Chance:
Denn wenn der Kunde dir sagt, dass etwas zu teuer ist, dann zeigt er damit auch, dass er grundsätzlich Interesse hat. Er lehnt nicht das Produkt ab – er zweifelt am Preis-Leistungs-Verhältnis.
Und genau an diesem Punkt kannst du ansetzen.
👉 Einwände sind ein Zeichen von Interesse.
Ein Kunde, der wirklich gar kein Interesse hat, würde einfach auflegen oder gar nicht zuhören.
Die Psychologie der Ablehnung
Um Einwände wirklich zu verstehen, musst du die psychologischen Hintergründe der Ablehnung kennen. Kunden sagen selten direkt, was sie wirklich denken. Stattdessen nutzen sie typische Muster:
Schutzmechanismus: Der Kunde will Zeit gewinnen oder sich nicht unter Druck setzen lassen.
Informationslücke: Der Kunde versteht den Nutzen noch nicht klar genug.
Erfahrungswerte: Schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit sorgen für Skepsis.
Emotionale Barrieren: Sympathie und Vertrauen spielen eine größere Rolle, als viele glauben.
Wenn du das erkennst, kannst du Einwände nicht nur „wegdiskutieren“, sondern empathisch auflösen.
Grundprinzipien der Einwandbehandlung
Damit du als Einsteiger sofort eine Orientierung hast, hier die vier Grundpfeiler der Einwandbehandlung:
Zuhören 👂
Unterbrich den Kunden nicht. Lass ihn ausreden. Viele Einsteiger machen den Fehler, sofort in die Verteidigung zu gehen.Verständnis zeigen 🤝
Sag Sätze wie: „Ich verstehe, dass Ihnen das im ersten Moment teuer vorkommt.“ – So fühlt sich der Kunde ernst genommen.Umlenken & Nutzen aufzeigen 🔄
Führe den Kunden zurück zum Nutzen: „Gerade weil Sie viel telefonieren, ist dieser Tarif am Ende günstiger.“Abschluss suchen ✅
Vermeide, dich in endlosen Diskussionen zu verlieren. Ziel ist immer, eine Entscheidung herbeizuführen.
Ein angenehmer Zwischenstopp
Bevor wir tiefer einsteigen, atme kurz durch.
Einwandbehandlung ist kein „Hexenwerk“, sondern ein Handwerk. Jeder kann es lernen – Schritt für Schritt. Und glaub mir: Je öfter du trainierst, desto natürlicher wird es dir vorkommen.
Praxisbeispiel: Mobilfunk
Stell dir vor, du arbeitest in einem Call Center für einen großen Mobilfunkanbieter. Dein Ziel: Kunden von einem Tarifwechsel überzeugen.
Kunde: „Das ist mir zu teuer.“
Agent: „Ich verstehe, das wirkt im ersten Moment hoch. Aber lassen Sie uns gemeinsam schauen: Sie zahlen aktuell 50 € für weniger Datenvolumen. Mit dem neuen Tarif zahlen Sie 55 €, haben aber die doppelte Leistung. Am Ende sparen Sie sich Zusatzkosten für Datenpakete. Wie klingt das für Sie?“
Hier passiert Folgendes:
Verständnis zeigen
Nutzen herausstellen
Vergleich zum Ist-Zustand herstellen
Praxisbeispiel: Duftkerzen & Zubehör
Im Direktvertrieb für Duftkerzen hörst du oft den Einwand: „Ich habe schon genug Kerzen zu Hause.“
Kunde: „Ich brauche keine weiteren Kerzen.“
Vertrieblerin: „Das kann ich gut nachvollziehen. Aber gerade die neuen Winterdüfte sind perfekt, um das Zuhause noch gemütlicher zu machen – und sie halten deutlich länger als herkömmliche Kerzen. Haben Sie Lust, einmal zu schnuppern?“
Auch hier: Anerkennen, dann neugierig machen.
Warum Übung so wichtig ist
Viele Einsteiger wollen sofort die perfekte Antwort parat haben. Doch die Realität sieht anders aus: Es braucht Übung.
Rollenspiele im Team
Mitschriften von echten Kundengesprächen
Feedback von Kollegen und Trainern
👉 Jeder Einwand, den du im Training übst, macht dich im echten Gespräch souveräner.
Ein kleiner Perspektivwechsel
Stell dir vor, du wärst selbst Kunde.
Wie würdest du reagieren, wenn dich jemand anruft und sofort etwas verkaufen will?
Genau – du wärst skeptisch.
Das hilft dir, mehr Empathie aufzubauen und Kunden nicht als Gegner, sondern als Partner zu sehen.
Einwand vs. Kaufsignal
Hier ein Geheimnis:
Manchmal sind Einwände in Wahrheit versteckte Kaufsignale.
Wenn ein Kunde sagt: „Das ist aber teuer“ – dann heißt das oft: „Ich will es, aber ich muss es vor mir selbst rechtfertigen.“
Deine Aufgabe: Die innere Rechtfertigung zu erleichtern.
Einordnung: Wann abbrechen?
Nicht jeder Einwand lässt sich auflösen.
Ein Teil der Professionalität besteht auch darin zu erkennen:
Der Kunde will wirklich nicht.
Das Produkt passt nicht.
Dann gilt: Höflich beenden, nächste Chance nutzen.
Ein weiteres Praxisbeispiel: Versicherungen
Du arbeitest im Bereich Zusatzversicherungen.
Kunde: „Ich habe schon genug Versicherungen.“
Agent: „Das verstehe ich. Niemand möchte überversichert sein. Aber genau deshalb lohnt es sich, gemeinsam einen Blick zu werfen: Wo zahlen Sie vielleicht doppelt, und wo haben Sie Lücken, die wir sinnvoll schließen könnten? Darf ich Ihnen das kurz zeigen?“
Hier baust du Vertrauen auf, indem du nicht verkaufst, sondern beratend auftrittst.
Die Macht der Sprache
Achte auf deine Wortwahl.
Vermeide negative Formulierungen („Das ist nicht teuer“ klingt nach Verteidigung).
Nutze positive Sprache („Das lohnt sich für Sie, weil…“).
Setze kleine Fragen ein („Sehen Sie den Vorteil?“).
Sprache ist dein Werkzeug – nutze sie bewusst.
Ein angenehmer Zwischenstopp – Motivation
Wenn du das Gefühl hast, Einwände überrollen dich, denk an Folgendes:
Jeder Profi hat klein angefangen.
Jedes Gespräch ist ein Training.
Dein Ziel ist nicht, 100 % der Kunden zu überzeugen, sondern deine Quote Schritt für Schritt zu verbessern.
Ausblick auf die nächsten Teile
In den kommenden Artikeln gehen wir tiefer:
Typische Einwände im Detail
Konkrete Techniken für den Alltag
Strategien für schwierige Kunden
Teil 1 hat dir gezeigt:
Einwände sind normal
Einwände sind Chancen
Mit den Grundprinzipien kannst du sofort starten
Fazit
Die Einwandbehandlung ist das Fundament deiner Arbeit im Call Center – egal, ob du Mobilfunk, Duftkerzen oder Versicherungen anbietest.
Wenn du die Grundlagen verstanden hast, bist du bestens vorbereitet, um in den nächsten Teilen dieser Serie deine Fähigkeiten zu vertiefen.